Der geniale Gründer von Lotus Car Colin Chapman hat die Formel 1 wie kein Anderer geprägt und mit seinen Fahrzeugen Maßstäbe für Handling & Agilität gelegt. Aus seiner Feder stammt auch das Konzept des Seven – welcher später von Caterham übernommen und seit dem gepflegt wird. Das berühmte Zitat „Simplify, then and lightness“ beschreibt den Caterham Seven hinreichend.
In 2022 konnte ich meinen Seven endlich abholen und habe mich auch gleich auf den Weg nach Nizza gemacht.
Die ersten Ausfahrten waren noch etwas sehr kalt, aber es wurde schnell besser und auch das Vertrauen in den kleinen leichten Sportwagen wuchs mit jeder weiteren Ausfahrt. Generell ist gerade auf Autobahnen ein ausreichender Gehörschutz sowie eine gute, dicht abschliessende Brille unbedingt zu empfehlen – denn Wind und Geräusch das kommt beim Seven sehr intensiv zusammen.
Insgesamt hat der Seven in 2022 schon mehr als 7.000km zurück gelegt und dabei durchweg begeistert. Selten ist lange Weile aufgekommen und wenn das gedroht hätte, meist auf Autobahnverbindungen, dann fährt man halt ab auf die Landstrasse.
Das Fahrverhalten auf trockener Strasse bei warmen Temperaturen ist hervorragend. Die Avon ZZS Reifen kleben auf der Strasse und durch die nicht vorhandene Servolenkung bekommt man jederzeit Strassenzustand und Haftungssituation der Vorderreifen mitgeteilt. Sind die Hinterräder erstmal aufgewärmt, lassen sich mit dem Seven erstaunliche Kurvengeschwindigkeiten erzielen. Der Seven bleibt lange neutral und neigt eher zum sanften Übersteuern am Kurvenausgang. Das niedrige Gewicht erlaubt eine überraschend verträgliche Federung, die selbst schlechteste Strassenbeläge gut verträgt und allgemein für eine verbindliche Haftung sorgt.
Doch der Seven ist kein Auto welches man einfach nur so mal eben fährt – nein ohne Konzentration, geht es schnell in den Abgrund. Denn ohne ABS und ohne ESP führen blockierende Räder oder zuviel Drehmoment an der Hinterachse zu fahrdynamisch eher misslichen Zuständen, die nicht von elektronischen Helferlein abgefangen werden. Und so ist insbesondere Vorsicht geboten, wenn die Hinterachse apruppt entlastet wird und man gleichzeitig einlenkt – oder durch falsches Bremsen die Vorderräder zum Blockieren bringt. Genauso macht es einen deutlichen Unterschied ob man alleine oder zu zweit und mit Gepäck fährt. Denn 100kg mehr oder weniger machen bei einem Leergewicht von 700kg doch einiges aus und das Fahrverhalten verändert sich merklich, insbesondere auf der Bremse.
Der grösste Nachteil moderner Sportwagen wie z.B. der neueren 911er Generationen ist deren Fahrzeugbreite. Die auf engen, kurvigen Strecken den Fahrer meist viel Mut abverlangen wenn sie artgerecht bewegt werden wollen – denn unsere Strassen sind meistens in den letzten Jahrzehnten nicht breiter und leerer geworden. Der Seven misst ganze 1700cm – Ein Meter Siebzig!!! in der Breite und 3.36 Meter in der Länge – damit ist er ideal für kleine Strassen und erlaubt einem meist sogar noch die ideale Linie durch die Kurve zu wählen ohne auf die Gegenfahrbahn gehen zu müssen. Dank der ausgezeichneten Beschleunigung, hohen Kurvengeschwindigkeiten im Trockenen und kleine Abmessungen, sind Überholmanöver deutlich entspannter zu bewerkstelligen als z.B. im 911er oder Panamera!
Um mich gut auf den Seven einzustimmen, habe ich relativ bald nach der Abholung ein Sportfahrertraining gemacht – das hat sich definitiv ausgezahlt! Denn gerade auf Nässe gilt es besonders vorsichtig die 176.5kW / 240PS des 4-Zylinder Ford Duratec Sportmotors auf die breiten Hinterreifen los zu lassen. In 2022 habe ich mehrfach den Caterham auch bei strömenden Regen bewegt und bin immer sicher angekommen – dank relativ guter Reifen mit ausreichend Profil und vorsichtigem Gasfuss geht auch das. Viel schwieriger haben es die Scheibenwischer mit dem Regen und die beheizte Frontscheibe ist bei einem sommerlichen Wolkenbruch nicht zu überschätzen in ihrer Nützlichkeit!
Apropos Nützlichkeit – ja man kann mit dem Caterham verreisen. Unzählige Forenbeiträge der britischen Kollegen beweisen dies immer wieder eindrücklich. Auch ich habe in 2022 ein verlängertes Wochenende mit meiner Frau genossen und Gepäck war kein Problem. Eine Ortlieb Tasche passt zwischen die Streben vom Überrollbügel und lässt sich mit Gurten ganz einfach sichern. (Ab Sommer habe ich zusätzlich noch einen Caterham 7 – Re-Bag, die zusätzlichen Stauraum ermöglicht.)
Für zwei Personen ist also ausreichend Platz. Dank dem breiteren CSR Innenraum, kommt man sich auch nicht all zu sehr ins Gehe, gerade wenn man nicht die Figur eines Formel 1 Fahrers hat.
Fährt man mit dem Caterham auf Reisen, so ist einem Aufmerksamkeit gewiss. Man wird bei jeden Zwischenstop angesprochen und die Leute sind begeistert den kleinen leichten Engländer genauer zu bestaunen. Lustig sind auch Szenen wenn man beim Hotel ankommt und die Concierge etwas verwundert dreinschaut was denn da vorfährt – wo sonst vielleicht eher Mercedes, BMW und Bentley geparkt werden will. Bisher durfte ich dann immer selber parken, weil die Herren & Damen vom Personal viel Respekt vor dem kleinen Rennwagen haben.
Kommen wir zurück zum Motor – der Ford Sportmotor mag gerne Super Plus, lässt sich aber auch mit Super bewegen. Die Tankanzeige ist kein Messinstrument sondern mehr so eine Wünschelrute die einem anzeigt wenn man sich auf die Suche nach einer Ölquelle machen sollte. Der Verbrauch liegt irgendwo zwischen 7 und 10 Litern je nach aktuellen Fahrbedingungen. Fällt die Anzeige auf die 1/4, darf man getrost ein paar Liter nachschütten. Auch sonst sollte man sich nicht darauf verlassen, dass in dem letzten 1/4 genauso viel Kilometer stecken wie im ersten 1/4. Bisher habe ich es nur einmal wirklich geschafft 36 der 41 Liter im Tank leer zu fahren, normalerweise tanke ich um die 25-30 Liter und schaffe zwischen 300 und 400 Kilometer. Öl hat mein Duratec bisher übrigens nicht viel verbraucht (0.5 Liter auf 7000km), hier war ich offenbar hinreichend Vorsichtig beim Einfahren.
Womit wir beim Einsatzprofil des Seven wären. Im Gegensatz zum 911er, mit dem man einfach mal ein paar 100km Anfahrt zum Ziel in die Strecke einbaut, will der Seven anders eingeplant werden. Hier gilt noch viel mehr als bei anderen Autos der Spruch „Der Weg ist das Ziel“. Mehr als 2 Stunden am Stück durch kurvige Landschaft mit hoher Konzentration ist aus meiner Sicht nicht zu empfehlen – dann sollte man eine Pause einlegen und sich entspannen. Lenken, Bremsen, Kuppeln & Co sind auch ein gutes Krafttraining und im Gegensatz zu normalen Sportwagen durchaus eine Anstrengung. Auf meiner Grand Tour sowie an einigen Wochenende in 2022 habe ich mich an meine maximal Strecke & Zeit hinter dem Lenkrad vom Seven herangetastet. Meine Empfehlung wenn man Touren plant, mehr als 6 Stunden netto Fahrzeit oder mehr als 500km reduzieren den Spass und erhöhen das Risiko überdurchschnittlich. Reizt man beides aus – dann sollte man viele Pausen einplanen bzw. muss sich zwangsläufig auch mal auf einer Autobahn wieder finden.
Kommen wir etwas zu den komischen Eigenarten des Seven – die ich über die Zeit hoffentlich behoben bekomme.
Zunächst seien da die normalen Ledersitze zu nennen – diese eignen sich zwar gut um auch einen Kindersitz zu beherbergen (siehe Fotos weiter unten), aber dafür haben sie einen anderen enormen Nachteil. Auf längeren Strecken reicht die Polsterung nicht aus und die Sitzposition wird zunehmend ungemütlich. Es entsteht ein zu starker Druck auf das Steissbein und die Po-Packen, was zu Druckschmerzen führt – dies fühlt sich an, als würde man an der tiefsten Stelle vom Sitz auf einer Querstange sitzen. Beheben lässt sich dies durch zwei Massnahmen – entweder man lässt den Sitz gezielt aufpolstern oder man wechselt auf die Carbon Schalensitze. Ich habe mich noch nicht entschieden was ich machen werde.
Die Anbindung eines Navi oder einer Handyhalterung gestaltet sich nicht einfach. Nicht nur sind die Vibrationen im Caterham relativ stark, sprich die meisten Mobiltelefone mögen dies nicht. Genauso ist das Anbringen einen Halterung nicht ganz so simpel – will man noch alle Anzeigen & Schalter sehen, muss der Saugnapf an die Scheibe oder ganz nach rechts. Beide Optionen sind suboptimal. Das Handy an der Scheibe raubt wertvolle Sichtlinie auf das rechte Rad und nimmt einem damit die Chance den Scheitelpunkt exakt anzupeilen. Das Handy am rechten Rand ist weit weg und lenkt stark ab. Ausserdem wir die Handyhalterung durch die unterschiedlichen Temperaturen und starken Vibrationen schnell mal los gerüttelt – dann liegt das Handy im Fussraum unerreichbar vom Fahrersitz aus. Will man also nicht das Armaturenbrett anbohren oder irgendwas aufkleben – so muss eine andere Lösung her. Ich arbeite noch an einer Lösung auf Basis einer am Chassis verschraubten Ram-Mount Lösung, mal schauen wie die so funktioniert. Nach meinen ersten 7000km muss ich sagen, die gute alte Landkarte und einfach nach Himmelsrichtung fahren macht sowieso mehr Spass 😉
Drittes nerviges Problem vom 485CSR – das langsam Fahren. In 2022 habe ich unteranderen einen Besuch in der Ortenau in Baden Württemberg gemacht – die Region ist ja bekanntlich gespickt von Tempo 30, sowie Schrittgeschwindigkeitszonen und Laser-Radar-Säulen. Im CSR ein Ding der Unmöglichkeit denn die Motordrehzahl sinkt so weit ab, dass man laufend zwischen den Gängen hin und her schalten muss, will man nicht, dass der Motor zum stottern anfängt oder man im 1erst Gang durch die Stadt röhren muss. Genauso bauen sich im Antriebsstrang je nach Drehzahl unterschiedliche Vibrationen auf, die je nach Geschwindigkeitsbereich unangenehm sein können – hier muss man dann ggf. auch häufiger den Gang wechseln, will man das nicht ertragen. (Das Mazda Getriebe ist übrigens ansonsten super zu schalten und macht viel Spass!) Abhilfe schafft da eventuell ein anderes Schwungrad und/oder eine andere Hinterachsübersetzung. In Anbetracht der Tatsache, dass die 240km/h Höchstgeschwindigkeit des CSR vermutlich eh nie abgerufen werden wird, kann man hier sicher auf ein paar km/h im Interesse besserer Fahrbarkeit im unteren Geschwindigkeitsbereich verzichten.
Viertes Problem – Körpergrössen – der Caterham hat keine Möglichkeit das Lenkrad zu verstellen und der Sitz ist begrenzt in seiner Beweglichkeit nach vorne. Menschen mit kurzen Armen & Beinen, gerade in Kombination mit der Sitzabsenkung, haben Probleme eine gute Sitzposition zu finden. Die Pedale lassen sich (mit Werkzeug) grundsätzlich verstellen, die Sitzverstellung jedoch eher nicht erweitern.
Update: Hier habe ich falsch gelegen. Beim letzten Servicetermin habe ich das Thema nochmal diskutiert. Die Pedale waren schon weit nach vorne gestellt. Die Lenksäule lässt sich noch mit Werkzeug weiter zum Fahrer bewegen. Was aber wirklich Abhilfe geschaffen hat, war das Versetzen der Sitzschiene um ca. 5 cm nach vorne.
Fünftes Problem – Lautstärke. Der CSR mit aktiver Sportabgasanlage ist extrem laut! Das geht auf Dauer ganz klar auf die Ohren und man sollte gerade bei längeren Touren den Gehörschutz nicht vergessen. Ich habe da bisher unterschiedliche Lösungen ausprobiert und bisher keine gute (ausser Ohropax oder Motorradhelm) gefunden. Ich werde in der Saison 2023 vermutlich aktiven Gehörschutz von 3M oder Sorin ausprobieren, welche dann auch ein Gespräch zwischen Fahrer & Beifahrer ganz im Stil von Rally Fahrzeug Besatzungen erlaubt. Denn eines ist klar, im offenen Caterham findet eine Unterhaltung zwischen Fahrer und Beifahrer nur mit erhobener Stimme statt.
Kommen wir zu den Kosten für den 485 CSR. Zum Grundpreis von 75.100 CHF kommen 17.560 CHF Sonderausstattung hinzu macht stolze 92.460 CHF. Werterhalt der Seven ist relativ gut, der Händler rechnet mit einem Restwert nach 4 Jahren und ca. 40.000km von um die 50kCHF – was ich nach Beobachtung des Markets für durchaus realistisch halte, denn die Produktionsmenge sowie Importzahlen in die Schweiz sind unverändert gering. Kfz Steuer in Sankt Gallen – ganze 228 CHF / Jahr (danke Colin für das niedrige Leergewicht). Vollkasko bei 30% Premienstufe liegt bei 1.638 CHF pro Jahr. Wartung einmal im Jahr (ca. 1500 CHF inkl. Flüssigkeiten etc.) sowie der Reifensatz für 1000CHF pro Jahr führen bei 7500km im Jahren zu monatlichen Kosten von 445 CHF ohne und 1241 CHF mit Wertverlust. Zuzüglich der zu empfehlenden Garage für den Seven – den Laternenparker sollte man mit einem Seven nicht sein. Insgesamt kein billiges Vergnügen, aber durchaus ein schönes Hobby!
Der Caterham Seven ist Fahrspass in seiner reinsten Form, er ist kein Kompromiss und auch kein Auto welches seinen Fahrer in Watte packt. Man zahlt viel Geld für wenig Blech und bekommt dafür unglaubliche Erlebnisse geschenkt. Man wird auch vermutlich kaum einen anderen Sportwagen finden, der einem bei niedriger Geschwindigkeit, soviel Freude bereiten kann und gleichzeitig das Potential zum König der Rennstreck hat. Best buy ever!
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