Alfa Stelvio – der Berg ruft

Manchmal ist der Mietwagen-Gott ja gnädig und erlaubt es dem Mieter etwas ungewöhnliches zu erfahren. Wo sonst die Produkte des VW Konzerns allgemeine Langeweile und Effizienz in die Dienstreise bringen, durfte ich einen Tag in Oktober 2023 einen Alfa Romeo Stelvio Veloce bewegen. Der SUV von Alfa ist mit einem 2 Liter Turbo 4-Zylinder, Allrad und 8-Gang Automatik ausgerüstet. Der 280 PS Benziner motorisiert den mindestens 1.735kg schweren Italiener so leidlich, die Werksangabe von 5,7km/h von 0-100km/h klingen schneller als sie sich anfühlen. Auch im Springt von 80 auf 120km/h fühlt sich der Benziner nicht wirklich wohl.

Das Fahrwerk des Stelvio wurde mir viel Lob in der Presse bedacht und soll gerade auf der Landstrasse dem BMW X3 und Porsche Macan Paroli bieten. Die Lenkung fühlt sich gut an und der Alfa liegt satt auf der Strasse – zeigt aber deutliche Neigung zum Rollen in engen, schnellen Kurven was den Fahrspass schnell mindert. Die guten Sitze halten zumindest Fahrer und Beifahrer gut fest. Die Federung ist straff ausgelegt und leitet Querrillen auf der Autobahn spürbar aber nicht unangenehm an die Insassen weiter, dennoch erscheint das Fahrwerk Langstrecken tauglich (Ich bin an dem Tag knappe 300km gefahren).

Insgesamt ist der Innenraum vom Alfa gut gemacht und hat auch das harte Leben eines Mietwagen (über 60.000 km) bisher gut überstanden. Das Armaturenbrett wirkt hochwertig und gut verarbeitet, Leder an den Türen lässt Premium Feeling aufkommen. Navi-Software funktioniert auf TomTom Basis zuverlässig und die Bedienung ist eingängig.

Bedienung von Navi, Tempomat, Spurhalteassistent & Co funktionieren einwandfrei. Die Italiener, als Teil von Stellantis, haben offenbar Zugriff auf gute Elektronik – jedenfalls funktioniert Spurhalteassistent und Abstandtempomat auf ähnlich gutem Niveau wie bei BMW.

Innenraumgeräusche sind bis 120km/h angenehm niedrig, der 4-Zylinder ist unter Vollast brummig klar zu hören. Unweigerlich fragt sich der Petrolhead in mir, wie der Stelvio wohl mit Ferrari V6 tönt? Mit dem Stelvio V6 zu Stilfser Joch – das wäre es doch, mit dem Mietwagen hier besser nicht. Das der Stelvio als Quadrifoglio 2,9 V6 mit 520PS ein anderes Auto sein muss, wird schon beim Blick auf die Preisliste klar – 116.900 CHF Grundpreis muss man für das sportliche Kleeblatt gespickte SUV bezahlen, dagegen wirken die 71.900 CHF der normalo Version fast schon bescheiden – Veloce geht bei 78.700 CHF los. Bemühe ich den Konfigurator auf der Alfa Homepage dann dürfte der Mietwagen einen Listenpreis von 89.600 CHF gehabt haben – relativ viel, wobei er dann auch ordentlich ausgestattet ist, so bleiben eigentlich kaum Wünsche offen.

Die sehr schicken und grossen Räder vom Veloce scheinen offenbar sehr empfindlich auf Randsteine zu reagieren – alle 4 Räder am Mietwagen sind am Fahrzeug schon mal kaltgespant bearbeitet worden. Schwarze MIRON 21″-Leichtmetallfelgen die komplett zerkratzt sind sehen auch irgendwie doof aus…

So would you buy one… well, no. Der Alfa Stelvio hat Alfa vor dem Untergang gerettet, dafür muss man ihn mögen und optisch ist er gelungen. Der Traum von „einmal etwas Italienisches fahren“ lässt sich relativ praktisch mit dem Stelvio erfüllen. Wer mit dem SUV konzeptbedingten Rollen in Kurven klar kommt, der sollte sich den Stelvio vor dem Kauf durchaus anschauen. Aber der Preis ist schon heftig und wieso man für das Geld nicht zu BMW oder Mercedes gehen sollte, ist mindestens mal eine Probefahrt wert. Ein X3 30e als Plug-In Hybrid startet auch bei 73500 CHF… und fährt sich sicherlich nicht schlechter. Man fragt sich unweigerlich, wie sich die Giulia als Limousine fährt… und wieso die Turiner keinen schicken Kombi mit Kleeblatt im Angebot haben…