Als wir in 2019 einen Nachfolger für den 5er BMW gesucht haben, hatte ich mir auch den Audi e-tron angeschaut. Es wurde am Ende dann doch wieder ein 5er BMW und das aus sehr praktischen Gründen.

Audi e-tron ist der erste rein elektrische Audi, den es in Serie zu kaufen gibt.

Der e-tron ist der erste rein elektrische Audi der Neuzeit, den Ingolstadt in grösseren Mengen tatsächlich auch verkauft. Audi versucht, ähnlich wie Mercedes das mit dem EQC gemacht hat, hier den bisherigen Benziner & Diesel Kunden eine Brücke zum Elektro Ufer zu bauen. Das führt leider dazu, das der e-tron nicht wirklich konsequent rum um die Vorteile eines Batterieelektrischen Antriebs konzipiert wurde.

Unter der riesigen Motorhaube verbirgt sind ein kleines Fach für die Ladekabel.

Gerade im Vergleich zum Tesla Model X, welches ich 2017 getestet habe, fällt die mangelnde Innovationskraft des e-tron so richtig ins Auge. Natürlich ist der Audi hervorragend verarbeitet, hat bessere Sitze, niedrigere Windgeräusche und eine bessere Federung – aber ist doch ein elektrifizierter Q5.

Hinter der relativ Heckklappe,….
… gibt es einen akzeptablen Stauraum. Q7 und 5er BMW bieten mehr.
Wieso Audi die Mittelkonsole so wuchtig ausführt und die Screens trennt, ist mir nicht klar…

Ein absolutes Desaster aus meiner Sicht ist die Bedienung des Audi e-tron. Der sich im Innenraum Design das derzeitige Audi Layout zu eigen macht. Die Aufteilung in Tacho, Hauptmonitor und Klimamonitor ist sehr unübersichtlich. Je nach Sonneneinfall vom Glasdach sind die Bildschirme nicht mehr ablesbar oder präsentieren sich von Fingerabdrücken übersäht.

Das Audi Cockpit ist ergonomisch & optisch eine absolute Katastrophe…
… zerklüftet, verspiegelt, komisch gesplittet und viel Touchscreen mit hässlichen Fingerabdrücken, schlimmer geht nimmer.

Es bleibt auch das Geheimnis von Audi, wieso der Innenraum ingesamt relativ eng wirken muss – eine leichtere Architektur im Innenraum hätte dem Auto sicher gut getan- er wirkt wie ein Panzer, super solide aber eben auch recht beengt. Die Sitze sind gut und bieten ordentlichen Komfort for Langstrecken, die sehr niedrigen Geräusche sind sehr angenehm und verdient ein besonderes Lob.

Die Verarbeitung ist tadellos, da spielt Audi natürlich in einer anderen Liga als Tesla.
Das Lenkrad ist etwas dick gepolstert, ansonsten sitzt man als Fahrer recht bequem im e-tron.

Insgesamt fragt man sich wie es Audi schafft, aus einem so grossen Auto, so wenig Innenraum herauszuholen. Der e-tron ist riesig und durch das Batteriepack auch für einen SUV ziemlich gewichtig. Der Fahrkomfort leidet darunter zwar nicht, aber ein Kurvenräuber wird er nicht – einfach zu viel Masse und gefühllose Lenkung verderben die Freude recht schnell.

Der e-tron liegt (gefühlt) irgendwo zwischen Q5 und Q7 von den Abmessungen.
Normale Parklücken werden eng mit dem e-tron.

Ich konnte die Reichweite leider nicht wirklich erfahren, aber ähnlich wie im BMW i3, reduzierte sich die Reichweite auf der kurzen Probefahrt drastisch. Audi geht beim e-tron 55 Quattro mit 95kw/h Akku von 358-417km aus, das dürfte in Realität ein Wunschtraum bleiben. Auf meiner kurzen (60km – 1:19h – überwiegend Stadt & Landstrasse) Runde wurde ein Verbrauch von 28,7 kWh/100km angezeigt, seit Auslieferung lag der Verbrauch bei 30,9 kWh/100km. Vermutlich dürfte die realistische Reichweite somit eher zwischen 250 und 340km liegen – je nach Fahrstil & Umgebung.

Wäre der Schriftzug nicht könnte man ihn auch für einen überarbeiteten Audi Verbrenner SUV halten.

Der Audi sollte damals an die 134.000 CHF kosten, mit etwas Verhandlung war ich auf eine Leasingrate um die 815 CHF / Monat bei 25.000 Sonderzahlung und 15.000km / Jahr gekommen. Kein wirklich günstiges Vergnügen bei knapp 1 CHF / km reine Leasingkosten. In der Restwertannahme von unter 43.000 CHF drückte sich auch das Misstrauen von Händler & Bank bzgl. der e-tron Wertstabilität vier Jahre in der Zukunft aus. Kein Wunder, gegenüber auf nativen elektro Plattformen aufgebauten E-Fahrzeugen wird der e-tron bald alt aussehen.

So would you buy one? – Well,… no. Der e-tron ist ein „Brückenauto“. Es ist nicht konsequent als Elektroauto konzipiert und fällt daher mit seinen Nachteilen (Gewicht, Reichweite, Grösse) hinter seinen Benzin & Diesel schluckenden (Konzern-)Brüdern zurück. Spätestens wenn die elektrischen Nachfolger von Porsche Macan, BMW X3 und Audi Q5 zu den Händlern rollen, dürfte der e-tron schnell aus den Ausstellungsräumen verschwinden.